Nicole Y. Männl ist wohl an vielen „schuld„, ich bin irgendwie über sie oder zu ihr in die Social Media Women Gruppe auf Facebook gestoßen. Da war der Weg zu den Digital Media Women nicht mehr weit. Immer wieder haben sich unsere Wege gekreuzt, obwohl ich nicht glaube, dass wir uns schon mal in Echt getroffen haben. Ich schätze ihre unheimlich konsequente und angenehme Art als Moderatorin in der wirklich schon sehr lange existierenden Facebook-Gruppe. Dazu haben wir über den Motorsport, bzw. unser beider Arbeit mit Autos immer wieder Anknüpfungspunkte gefunden. Ich freue mich sehr über diesen sehr intensiven Einblick in ihre Geschichte. Danke!
Nicole Y. Männl
Was würde ich meinem damals gründenden Ich heute raten? Dazu verrate ich euch ein wenig über meinen Weg zur Gründung, über die Gründung selber und wo ich heute stehe:
Wo bin ich heute?
Eine glückliche Freiberuflerin mit den üblichen Sorgen und (Zeit-) Nöten – so könnte ich mich beschreiben. Ich beschäftige mich heute mit Menschen und Technik. Das passt zu meinem Traum, den ich damals hatte, dass ich gern mehr mit Computern machen wollte, aber nicht nur als pure Anwenderin. Ich wollte richtig tief in die Website-Technik einsteigen!
Was bin ich für ein “Typ” als Freiberuflerin? Ich mag meinen Technik-Elfenbeinturm, in dem ich kniffligen Dingen auf die Spur komme. Lösungen zu finden ist meine Passion. Nach außen hin habe ich mir das Label “Webseiten-Erstellerin” gegeben, doch dazu gehört viel mehr. Teilweise agiere ich (in Teilen) fast wie eine Unternehmensberaterin, doch dieses Label würde ich mir nie ankleben. Sagen wir mal so: Ich bringe meine KlientInnen ins Digitale mit ihrer Website und beim “Drumherum” habe ich jede Menge Expertise, die gern mit abgerufen wird.
Zudem bin ich andererseits leidenschaftliche Netzwerkerin, die sowohl analog als auch digital andere Menschen gern um sich hat und einen Austausch auf Augenhöhe schätzt. Dabei liebe ich es geradezu, mein Wissen weiterzugeben und neue Erkenntnisse und Informationen aufzusaugen wie ein Schwamm. Geben und Nehmen, Lehren und Lernen – das waren schon immer Dinge, die mir Spaß gemacht haben.
Wie sah es früher aus, bevor ich Gründerin wurde?
Eine Angestellte, die sehr analog in hierarchischen Strukturen ganz unten arbeitete – Nein, nun übertreibe ich etwas und male sehr dunkel. Aber ich kam mir schon meistens wie “ein kleines Licht” vor. Verkannt und unterschätzt. Wo ich auch angestellt arbeitete, ich war keine anerkannte Mitarbeiterin, hatte keine große Verantwortung und ich unterstand den jeweiligen “Chefs”. Es war jedoch gut, dass ich durch diese harte Schule des Angestellten-Daseins ging, umso mehr konnte ich einen Teil der Selbstbestimmung genießen, die später auf mich zukam.
Mein erster Ratschlag ist eher ein Lob für mich im Nachhinein und ein heißer Tipp für alle, die Gründen wollen:
Halte durch!
Bevor du dich selbstständig machst, versuche so viel wie möglich zu lernen und auszuprobieren. Ohne finanzielles Risiko geht das meistens nur in der Rolle der Angestellten. Die Erfahrungen aus der Schule oder dem Studium sowie ein Praktikum reichen nicht aus, um eine gute Gründerin zu sein.
Voraussetzungen zur Gründung:
Ich war meiner Zeit (als Angestellte) etwas voraus, denn mein Lebenslauf vor der Gründung in 2006 sah aus wie Kraut und Rüben. Heute ist das ja eher normal, dass man mehr als zwei oder drei Stationen präsentieren kann. Bei mir reichte die eine DIN-A4-Seite nicht aus, als ich ein paar Jahre Berufserfahrung für die nächste Bewerbung dokumentieren sollte. Oft wurde ich gefragt, ob ich denn keinen Job länger durchhalten würde. Doch weit gefehlt: Ich war mutig und unerschrocken, ging immer volles Risiko, denn ich übernahm auch eine befristete Vertretung bei der PUMA AG oder wurde Filialleiterin im Großhandel in der Modebranche, indem ich diese Filiale neu aufbaute. Meine Chefs saßen meistens in Hamburg oder anderswo, das gefiel mir schon mal sehr gut, dass mir nicht ständig auf die Finger geschaut wurde.
Ein kleiner Tipp (Nummer 2) zwischendurch:
Chancen nutzen und nicht immer komplett auf Sicherheit bauen.
Das richtige Arbeitsfeeling fehlte mir als Angestellte
Ich brauche das Vertrauen in mich und meine Arbeit als Gefühl und Feedback. Heute geben mir meine Klientinnen und Kunden dieses nach kurzer Zeit und anhaltend. Doch als Angestellte? Da ist damals Kontrolle und so gut wie kein Lob angesagt gewesen. Als Zeitarbeitskraft habe ich sogar in einer großen Versicherung (Hannover Rück / Eisen und Stahl Rück) sowie bei der Preussag AG gearbeitet. Wie gesagt, hierarchische Strukturen. Nachdem ich gemerkt habe, dass ich nie aus eigener Kraft eine Führungsposition (sei sie auch noch so weit unten angesiedelt) bekommen würde, nahm ich die Erfahrungen anders auf. Ebenso habe ich bei KMU gearbeitet und konnte die Aufgaben der Geschäftsführer oder Selbstständigen (ja, das waren immer Männer!) der jeweiligen Unternehmen analysieren. Hier sah ich das erste Mal, welche Verantwortung man trägt, wenn man sich selbstständig macht.
Als Kind habe ich den Vorteil gehabt, dass ich das Angestelltendasein meiner Mutter (Chefsekretärin) und das Selbstständigen-Leben meines Vaters (freie Auto-Werkstatt) vergleichen konnte. Beides war nicht schlecht, dachte ich. Was habe ich gemacht? Ich habe mit 13 einen VHS-Kurs für Schreibmaschine besucht, um das 10-Finger-Schreiben (das ich bei meiner Mutter bewunderte) zu erlernen. Meinem Vater habe ich am Wochenende beim Belege-Sortieren geholfen und später auch Rechnungen für ihn geschrieben. Das war eine gute “Schule” für mich, wobei ich daran damals noch gar nicht gedacht hatte.
Dritter Ratschlag bzw. die Bestätigung für meinen Weg:
Schau’ dir (Business-) Strukturen an …
… versuche nachzuvollziehen, warum wer was wie macht. Gehe mit offenen Augen durchs Leben und frage Selbstständige aus deinem oder auch aus anderen Bereichen, was für Aufgaben, Pflichten und Sorgen sie haben. Wie sie das alles schaffen.
“Früher” gab es das noch nicht, was ich sehr bedauert habe, daher ein weiterer Tipp an dich, wenn du das liest und gründen möchtest: Es gibt sehr viele Programme und Events, in denen Unternehmerinnen, Frauen in Führungspositionen und Existenzgründerinnen viele gute Tipps bekommen und geben können. Ich selber gehe gern gelegentlich zu solchen Events, beantworte Fragen und erzähle von mir aus von meinen Erfahrungen, um den Studierenden etwas geben zu können, was ich mir früher gewünscht hätte: eine realistische Sicht auf die Selbstständigkeit mit allen Vor- und Nachteilen. Das ist übrigens auch ein Grund, warum ich die Serie von Beate so toll finde und mitmache!
Fortbildung und “Lebenslanges Lernen” sind Gold
Wie bin ich denn aus dem analogen Leben ins Digitale gekommen? “Damals” gab es noch keine Möglichkeiten sich entsprechend zu professionalisieren, was Ausbildung oder Studium anging. Nachdem ich im kaufmännischen Bereich nicht so glücklich war, ging ich zur Arbeitsagentur und fragte nach einer passenden Fortbildung. Diese wurde mir jedoch nicht auf dem Silbertablett serviert, sondern ich wurde fortgeschickt mit der Maßgabe “Such’ se dir selbst”. Um es kurz zu machen: Ich fand ein Institut, das eine IHK-zertifizierte Fortbildung zur “E-Commerce-Fachfrau” anbot. Glücklicherweise wurde mir diese Vollzeit-Fortbildung finanziert, denn ein ganzes Jahr hätte ich, das damals nicht stemmen können. Ich war hoch motiviert und schloss diese Fortbildung mit “Eins” ab und erlangte auch das SAP-Zertifikat mit 100/100 Punkten. Endlich war ich digital! Ein Meilenstein in meinem Leben und ein wichtiger Punkt für die Gründung des digitalen Business, doch erstmal ging ich wieder als Angestellte in einem IT-Systemhaus los (siehe meinen ersten Ratschlag!).
Wie lief meine Gründung ab?
Wer sich jetzt vorstellt, dass ich voller Überzeugung, mit Strategie und Konzept gegründet hätte, liegt absolut daneben. Eigentlich habe ich nur “umständehalber” schon im Oktober 2006 gegründet, lieber wäre es mir gewesen, ich hätte noch ein halbes Jahr mehr Zeit für die Vorbereitung gehabt.
Wie kommt denn so etwas? Nun, ich hatte gerade keinen Job, weil das Land Niedersachsen einen Einstellungsstopp verhängt hatte und nach 3,5 Jahren, das heißt zweimaliger Verlängerung, saß ich wieder daheim. Tja, was ließ ich mich auch immer wieder auf befristete Anstellungen ein? Dann nervten mich die Bewerbungen und die dazugehörigen Absagen sehr. Welche Alternativen hätte ich?
Ich hörte vom Gründungszuschuss und dass die Konditionen bald schlechter werden – sehr viel schlechter. Ich überlegte nicht dreimal und dachte mir, dass das eine Chance wäre und ich mich Hals über Kopf in die Selbstständigkeit stürzen könnte. Die Formalien waren schnell erledigt. Durch meine Berufserfahrung konnte ich sehr schnell erkennen, welche Dinge wichtig waren. Ich schrieb einen Businessplan (nach kurzer Recherche im Internet) aus dem Stegreif und legte ihn vor. Die Arbeitsagentur gab ihr Okay – ich war happy!
Das eine Jahr war kein Zuckerschlecken! Doch ich habe gelernt, mich und meine Aufgaben selbst zu organisieren. Der Ehrgeiz packte mich, so habe ich ihn noch nie gespürt. Ich gehörte zu den Kursbesten und engagierte mich, um noch besser zu werden. Ein völlig neues Lebensgefühl und ich spürte, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Du kannst viele Jahre das machen, was du kannst. Doch wenn du eine Aufgabe hast, die du (machen) willst, wirst du viel mehr Energie freisetzen können, als du dir jemals vorstellen konntest.
Vierter Tipp:
Mache nur das, wofür du brennst …
… besonders, wenn du dich selbstständig machen willst.
Ich hatte also meinen Bereich gefunden! Doch es ging nicht schnell genug richtig steil, dass ich sofort tolle Umsätze gemacht hätte. So versuchte ich es mit Networking. Dabei übertrieb ich etwas. Denn ich war zwei Jahre lang auf jedem BarCamp, das ich irgendwie erwischen konnte, dabei. Ich organisierte sogar selber 2 BarCamps und den Webmontag Hannover und rief die WPBlogger ins Leben. Alles ehrenamtlich mit großem Zeiteinsatz. Das brachte meiner Reputation und Bekanntheit zwar einen großen Schub, doch es klingelte immer noch nicht so in der Kasse, sodass ich zufrieden gewesen wäre.
Fünfter Tipp, den ich so gern damals gehört hätte:
Versuche eine ausgewogene Balance zwischen Networking und Arbeit zu finden.
Beim Networking denke ich übrigens nie an die Arbeit! Als die ersten XING-Business-Events aufkamen, merkte ich erst nach einiger Zeit, dass man an diesem Abend keine Neukunden finden wird. Also verkrampfte ich mich anfangs zu sehr und setzte mich unter Druck, dass ich Aufträge mitbringen musste. DAS funktioniert mal gar nicht!
Hingegen habe ich durch das Twittern hilfreicher Tipps und durch das Bloggen über Technik, Facebook, neue Features usw. viel mehr Aufmerksamkeit und Wahrnehmung bekommen. Heute gehe ich gern in fachspezifische Facebook-Gruppen und teile mein Wissen dort, wenn jemand Hilfe benötigt. Schon manches Mal hat sich dadurch auch ein Auftrag ergeben. Manchmal auch erst nach ein paar Monaten oder sogar Jahren.
Die “Inkubationszeit” kann also manchmal lang und länger sein. Daher: alles, was du jetzt machst, wird sich nicht unmittelbar, jedoch vielleicht später auszahlen. Egal, mach es einfach, wenn es dir Spaß macht, hilfreiche Tipps zu geben. Achte dabei auf dein Zeitmanagement.
Sechster Tipp:
Halte durch, bis du Weiterempfehlungen bekommst!
Wer sich nicht mit dem Produktverkauf/Vertrieb selbstständig macht, sondern eine Dienstleistung, die man nicht anfassen kann, die eher individuell als ein “Paket” ist, verkauft, muss durchhalten. Wenn du gut bist, wirst du auch weiterempfohlen, auch ohne Aufforderung dazu!
Die Fragen nach einem (komplexen) Angebot zum Festpreis beantworte ich gern mit einem Leistungspaket, das ich schnüren kann. Viele Leistungen kann ich ungefähr (monetär) einschätzen, doch in einigen Projekten entwickelt sich aus der gewünschten Web-Visitenkarte eine Landingpage, die konvertieren soll. Oder noch mehr. Das Wichtige ist, dass den Kundinnen/Kunden kein Paket übergestülpt wird, auch wenn sie das erst so formulieren.
Mir macht es am meisten Freude, wenn ich genau das Ziel mit Punktlandung erreiche, was für die AuftraggeberIn Sinn macht. Das kann manchmal mehr sein als gedacht, aber ich rate auch gern von “zu viel” ab. Oder rate dazu in Stufen vorzugehen. Und damit bekomme ich (aus Gründen der Kundenzufriedenheit) die Weiterempfehlungen fast automatisch.
Letzter Tipp:
Sei für deine KundInnen mehr als ein/e austauschbare/r DienstleisterIn!
Bildet ein Team in der Geschäftsbeziehung zwischen DienstleisterIn und AuftraggeberIn. Dafür musst du die richtigen Personen zur “Zusammenarbeit” finden. Das klappt heute super und es macht sehr viel Spaß auf Augenhöhe und mit viel Mitdenken meinerseits die Projekte erfolgreich zu gestalten.
Zusammenfassend kann ich also sagen: Es braucht Zeit, Durchhaltevermögen, Ehrgeiz, Risikobereitschaft, finanzielle Rücklagen, Berufserfahrung und ein schlüssiges Konzept, um sich selbstständig zu machen. Vieles hiervon hätte ich heute meinem damaligen Ich gern erzählt, dann hätte ich mir vielleicht den einen oder anderen Irrweg erspart. Aber letztlich glaube ich, es gehört alles dazu. Hauptsache, ich habe etwas daraus gelernt! Und kann es hiermit weitergeben. Lebenslanges Lernen musste ich mir noch nie selber empfehlen, das war schon immer meine Vorstellung vom Berufsleben. Und das ist das Schöne am Selbstständig sein, man lernt nie aus, sondern immer nur dazu!
Nicole Y. Männl
Würzburg
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